Dienstag, 18. Oktober 2011
Montag, 17. Oktober 2011
Das Klo in den Fluss
Viele Menschen auf den Dörfern haben keine Toilette und benutzen die Umgebung für ihre täglichen Geschäfte. Wenn es Toiletten gibt, führen die meist in einen natürlichen Kompost. Sowas wie eine Kanalisation gibt es nur in größeren Städten und ist selbst da noch nicht voll ausgereift. Das ist ein großes Problem.
Na ob diese toilette so sinnvoll ist? |
Bäume fällen
In Kundapur werden gerade entlang der Hauptstraße die Bäume gefällt. Die Fahrbahn soll um je einen Fahrstreifen erweitert werden. Die teilweise monströsen Bäume stellen für die Arbeiter eine große Herausforderung dar. So kann es schon mal vorkommen, dass ein fallender Baum auf eine Stromleitung fällt und man den ganzen Tag danach stromausfall hat. Neulich ist ein Baum anstatt neben die Straße, auf die Straße gefallen. Von 9.30 Uhr bis 16.00 Uhr konnte kein Fahrzeug daran vorbei fahren und die Straße war gesperrt.
Ein Jahr zuvor, soll ein Baum sogar mal auf ein Haus gefallen sein. Da muss man aufpassen!
Das wandelnde Elend
Wenige Minuten zuvor spürte ich Verlangen nach einer Packung Chips. Als der Mann mit dem grauenvollen Knick im Oberarm vor mir stand, kam ich mir wegen diesem Gefühl schlecht vor.
Auf einer Zugfahrt ging er von Abteil zu Abteil und stellte seinen verkrüppelten Arm zur Schau, in der Hoffnung, Mitleidsgeld zu kassieren. Er streckte mir die bettelnde Hand entgegenstreckte und durchlöcherte mit seinem unterwürfigen Blick mein Gewissen. Ich wünschte, ich hätte ein oder zwei Rupees über, hatte aber nur große Scheine im Portmonnaie und gab ihm nichts.
Im Gegensatz zu Kindern, jungen Frauen und jungen Männern, kann man Alten und Behinderten Geld geben. Den Kindern sollte man nichts geben, weil sie von anderen unterdrückt und zum Betteln gezwungen werden und selber nichts von den Almosen haben. Wie verrückt das ganze ist, sieht man, wenn man ihnen statt Geld Kekse oder Früchte geben will. Meist lehnen sie zuerst ab, um zu zeigen, dass sie unbedingt Geld brauchen. Nach kurzer Zeit nehmen sie das Essen trotzdem.
Ausgewachsene Männer oder Frauen sieht man meist gar nicht betteln. Manchmal sieht mansie trotzdem. Im Kundapur Busbahnhof lungert meistens ein jämmerliche Gestalt von Mann herum. Mit leerem Blick und Alkoholfahne betascht er die Beine der wartenden Fahrgäste und fragt nach Geld. So Leid er mir auch tut, das Geld was man ihm am Morgen geben würde, würde wohl noch vor Mittag in Alkohol umgetauscht werden.
Anders ist es hingegen bei alten und Behinderten. Manche alte Menschen hier sind zu gebrechlich zum arbeiten und haben selbst keine Nachkommen mehr, die für sie sorgen. Durch Spenden und Almosen wird ihr Überleben gesichert. Ebenso ist es bei Menschen mit Behinderungen. Meist sieht man jedoch nur die, mit körperlicher Behinderung betteln. Ich habe schon Menschen ohne Beine, Menschen mit verdrehten Armen und Beinen und Menschen, die sich nur auf allen Vieren fortbewegen können, gesehen. Diese Menschen sind auf die Hilfe anderer angewiesen und können sich auf andere Weise nicht selbst versorgen. Ihnen kann man guten Gewissens ein paar Rupees geben. Es soll auch welche geben, die sich absichtlich verkrüppeln, damit sie betteln können, denen sollte man theoretisch nichts geben. Aber wer kann das schon unterscheiden. Auf jedem gut besuchtem Festival findet man irgendwo auch einen, der bäuchlings im Dreck liegt und in einem Topf Geld sammelt. Wenn man dann genauer hinsieht, erkennt man dass er so verkümmerte Gliedmaßen hat, dass ihm gar nichts anderes übrig bleibt. So einen Anblick vergisst man nicht mit der nächsten Abenddämmerung.
Oft sieht man auch blinde Menschen, wie sie sich an irgendetwas festhalten und die Hand herausstrecken. Zwischen Mysore und Ooty gibt es einen Busstop, der täglich angefahren wird. Dort lebt ein ca. 50 jähriger Mann, der seine Sehkraft verloren hat. Er durchwandert jeden Bus der anhält, in der Hoffnung, dass irgendjemand ihm einen Groschen in die Hand legt. Ich habe bisher viermal an diesem Zwischenstopp Pause gemacht und jedes Mal kam er das Treppe in den Bus hinaufgetastet und lotete sich mit vorsichtigen Schritten durch den Gang. Jedes Mal die gleiche Prozedur und jedes Mal denke ich mir, wie schwer es dieser arme Mann hat und wie gut es mir geht.
Nachts im Busbahnhof |
Ein anderer Eindruck, der in mir hängen geblieben ist, hat mich ein bisschen an Dorothea Langes Dokumentarfotografie „Migrant Mother“ erinnert (Bernhardt Firley, mein ehemaliger Kunstlehrer, und mein alter Kunstleistungskurs müssten Bescheid wissen): Als wir in Mysore eines Abends auf einen Bus gewartet haben, haben sich in einer Ecke der Busbahnhofshalle einige Menschen Zeitung auf dem Boden ausgebreitet und sich dann darauf zum Schlafen gelegt. Meist waren das ältere und jüngere Männer und Frauen. Besonders ist mir eine Kleinfamilie aufgefallen, die auch dabei war. Vor den Augen aller wartenden Fahrgäste mussten die Eltern das Nachtquartier aufschlagen und ihren Kindern eine gute Nacht wünschen. Die beiden Kinder machten äußerlich gar nicht den traurigsten Anschein, der Vater schlief nach kurzer Zeit ein, aber die Mutter saß noch einige Zeit auf. Sie winkelte ihre Knie an, verkreuzte die Arme darüber und sah mit traurigem Blick durch die Halle. Natürlich kann ich keine Gedanken lesen, aber in ihrem Blick meinte ich erkennen zu können, dass sie sich wohl nichts lieber wünschte, als ihren Kindern eine vernünftige Bleibe bieten zu können. Was sich wohl eine jede fühlende Mutter wünscht.
Als ich zwei Tage später wieder im Bahnhof wartete, sah ich die Frau wieder. Sie saß zusammen mit ihrem Mann auf einer Bank und wartete wohl auf ihre Kinder und darauf, dass es ein bisschen später wurde und sie sich hinlegen könnte.
Dasara, irgendwo im Gedränge
Dasara ist ein zehntägiges Hindu Festival, das in ganz Indien gefeiert wird. In Mysore ist es besonders groß und am letzten Tag des diesjährigen Dasaras gab es, wie jedes Jahr, einen prachtvollen Umzug mit berittenen und geschmückten Elefanten. Man warnte uns vor, es werde ein pures Gedränge sein, ganz Mysore wäre voll mit Menschen. Naja, dachten wir, das nehmen wir für den Umzug in Kauf.
Rappelvoll: Unsere Seite... |
...und die andere Seite. |
Der Umzug sollte um 12.45 beginnen. Schon am Vorabend begann die Polizei die Straßen abzusperren. Um 10.00 Uhr gingen Daniel und ich los auf einen Stadtspaziergang, um anschließend einen guten Platz für die Parade zu ergattern. So gegen 12.00 Uhr fanden wir uns an einer Straße ein, die die Parade recht früh passieren sollte. Wir fanden einen Stehplatz in der fünften Reihe, dafür im Schatten. Wer weiß wie lange wir hier warten müssten – dachten wir uns und hatten damit gar nicht so schlecht spekuliert. Mit der Zeit wurde es immer voller und neben und hinter uns sammelten sich immer mehr Menschen an. Wir warteten geschlagene drei Stunden, bis etwas passierte. Davor fuhr zwar schon eine Motorradregatta auf der Straße und ein Straßenköter, der sich verirrt hatte, rannte unter dem tösendem Gejohle der Masse die Straße auf und ab, aber ansonsten war nichts vom Umzug zu sehen gewesen. Die Polizisten, die die Straße bewachten und für Ordnung sorgen sollten, bekamen Lunchpakete.
Motorradkonvoi |
Und zack, gibt's eins mit dem Stock! |
Ich war froh nicht drüben stehen zu müssen |
Je länger sich das Warten hinzog, desto heftiger wurde das Gedränge. Zuerst gelang es ihnen noch die Masse mit ermahnenden Worten in Schach zu halten. Später mussten sie ständig über die Barriere klettern und die Menge mit ihren Holzstöcken bedrohen und bei zu aufmüpfigem Verhalten auch zuschlagen. Bei den meisten reichte das reine Androhen von Schlägen und sie setzten sich wieder hin. Andere hingegen schienen sogar Spaß daran zu haben, die Polizisten zu provozieren. Das brachte immer wieder Chaos in die Menge, in der die Menschen dicht an dicht hockten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war das Gedränge besonders heftig. Dort saßen die ersten vier Reihen von Menschen. Dahinter war eine Art Platz auf dem sich unzählige weitere Schaulustige angesammelt hatten. Mit dem willen eine bessere Sicht zu bekommen drängten die hinteren nach vorne und schoben die ganze Masse mit. Die Polizisten mussten sehr Acht geben, dass die alten und Jungen Damen mit ihren Kindern in den ersten Reihen nicht überrumpelt wurden.
Auffallend war, dass das Riesengetümmel zum Großteil aus Jugendlichen und Männern bestand. Als die Parade vorbeizug wurde es bei uns noch heftiger und an seinem Platz stehenzubleiben wurde zu einem schwierigen Unterfangen; einerseits drohte die Holzstange, andererseits drückten zehn Männer von allen Seiten. Irgendwann wurde es uns genug. Wir hatten drei Stunden auf dem Bürgersteig gewartet, nur um jetzt wie die Hühner in der Zuchtanlage nach Sauerstoff zu schnappen. Es war auch nicht mehr so schön. Den sonst so friedfertigen Menschen haftete etwas von Gewalt an. Ob es daran lag, dass viele Alkohol getrunken hatten und so aus dem Ruder liefen oder ob es daran lag, dass jeder den anderen aufregte, weil er seinem nächsten auf den Füßen stand. Ich weiß es nicht. Beim herausgehen traten wir in den Sog der Menschen ein, die in eine Richtung durch die Masse strömten. Was sich davon mit Verärgerung und Unverständnis in mein Gedächtnis gebrannt hat, ist, dass manche Helden mit den Schultern und Ellenbogen voraus durch die Menge liefen und sich jubelnd feierten. Daniel meinte in einer beiläufigen Bemerkung, dass es ihm so vorkomme, als sei dieses Gedränge und Geschubse der eigentliche Nationalsport vieler Inder.
Nach dreieinhalb Stunden feinstem Dasara war ich so fertig, wie nach einem ganzen Tag am Strand.
Drängeln wie in der Grundschule
So sieht der Bus von außen aus... |
...und so von innen. |
Speziell in Ooty, Mettupalayam und Sultan Bathery haben wir gespürt, dass es in diesem Land wahnsinnig viele Menschen gibt. Wir wollten einen Sitzplatz im Bus haben. Noch bevor der Bus angehalten hat, rennen die Menschen, wie ein Rudel Hunde, hinter dem Bus her und versammeln sich vor der Tür. Jeder versucht sich an den aus dem Bus heraus strömenden Menschen hinein zu quetschen. Wer etwas wie eine leere Tasche oder einen Schal hat reicht es durchs Fenster, in der Hoffnung sich einen Platz reservieren zu können. Manch einer verwendet sogar den Notausgangs durchs Fenster als Eingang. Nur die Harten komm' in Garten.
Wir waren natürlich mit von der Partie und einmal haben wir sogar ganz gut abgeschnitten und sowohl Suki, Daniel und ich hatten einen Fensterplatz. Kurz darauf stellten wir jedoch fest, dass wir im falschen Bus saßen und machten uns auf in die zweite Runde – versuchen wieder aus dem Bus herauszukommen.
So kommt man in den Bus rein, das Foto ist noch vergleichsweise harmlos. |
Manchmal sind die Busse auch von oben gut beladen. |
MYSORE - was da sonst noch los war
Bewachter Straßenübergang, ein ungünstiger Platz, um unerlaubt die Straße zu überqueren. |
Polizeiversammlung am Abend vor dem Umzugsspektakel |
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Fakire: Senior und Junior |
Der Maharadscha Palast am Abend |
Hier sieht man mal wie viele Leute sich den Palast angucken wollten. |
In unserem Lieblingsrestaurant |
Die Ruhe NACH dem Sturm |
Kino, Theater und Musicles sind hier ganz groß! |
Der Mann mit der Kobra |
'Ne Flöte hatte er aber nicht. |
Zuckerrohrsaftstand |
Straßenartisten |
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