Montag, 17. Oktober 2011

Dasara, irgendwo im Gedränge


Dasara ist ein zehntägiges Hindu Festival, das in ganz Indien gefeiert wird. In Mysore ist es besonders groß und am letzten Tag des diesjährigen Dasaras gab es, wie jedes Jahr, einen prachtvollen Umzug mit berittenen und geschmückten Elefanten. Man warnte uns vor, es werde ein pures Gedränge sein, ganz Mysore wäre voll mit Menschen. Naja, dachten wir, das nehmen wir für den Umzug in Kauf.
Rappelvoll: Unsere Seite...

...und die andere Seite.

Der Umzug sollte um 12.45 beginnen. Schon am Vorabend begann die Polizei die Straßen abzusperren. Um 10.00 Uhr gingen Daniel und ich los auf einen Stadtspaziergang, um anschließend einen guten Platz für die Parade zu ergattern. So gegen 12.00 Uhr fanden wir uns an einer Straße ein, die die Parade recht früh passieren sollte. Wir fanden einen Stehplatz in der fünften Reihe, dafür im Schatten. Wer weiß wie lange wir hier warten müssten – dachten wir uns und hatten damit gar nicht so schlecht spekuliert. Mit der Zeit wurde es immer voller und neben und hinter uns sammelten sich immer mehr Menschen an. Wir warteten geschlagene drei Stunden, bis etwas passierte. Davor fuhr zwar schon eine Motorradregatta auf der Straße und ein Straßenköter, der sich verirrt hatte, rannte unter dem tösendem Gejohle der Masse die Straße auf und ab, aber ansonsten war nichts vom Umzug zu sehen gewesen. Die Polizisten, die die Straße bewachten und für Ordnung sorgen sollten, bekamen Lunchpakete. 
Motorradkonvoi

Und zack, gibt's eins mit dem Stock!

Ich war froh nicht drüben stehen zu müssen

Je länger sich das Warten hinzog, desto heftiger wurde das Gedränge. Zuerst gelang es ihnen noch die Masse mit ermahnenden Worten in Schach zu halten. Später mussten sie ständig über die Barriere klettern und die Menge mit ihren Holzstöcken bedrohen und bei zu aufmüpfigem Verhalten auch zuschlagen. Bei den meisten reichte das reine Androhen von Schlägen und sie setzten sich wieder hin. Andere hingegen schienen sogar Spaß daran zu haben, die Polizisten zu provozieren. Das brachte immer wieder Chaos in die Menge, in der die Menschen dicht an dicht hockten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war das Gedränge besonders heftig. Dort saßen die ersten vier Reihen von Menschen. Dahinter war eine Art Platz auf dem sich unzählige weitere Schaulustige angesammelt hatten. Mit dem willen eine bessere Sicht zu bekommen drängten die hinteren nach vorne und schoben die ganze Masse mit. Die Polizisten mussten sehr Acht geben, dass die alten und Jungen Damen mit ihren Kindern in den ersten Reihen nicht überrumpelt wurden.




Auffallend war, dass das Riesengetümmel zum Großteil aus Jugendlichen und Männern bestand. Als die Parade vorbeizug wurde es bei uns noch heftiger und an seinem Platz stehenzubleiben wurde zu einem schwierigen Unterfangen; einerseits drohte die Holzstange, andererseits drückten zehn Männer von allen Seiten. Irgendwann wurde es uns genug. Wir hatten drei Stunden auf dem Bürgersteig gewartet, nur um jetzt wie die Hühner in der Zuchtanlage nach Sauerstoff zu schnappen. Es war auch nicht mehr so schön. Den sonst so friedfertigen Menschen haftete etwas von Gewalt an. Ob es daran lag, dass viele Alkohol getrunken hatten und so aus dem Ruder liefen oder ob es daran lag, dass jeder den anderen aufregte, weil er seinem nächsten auf den Füßen stand. Ich weiß es nicht. Beim herausgehen traten wir in den Sog der Menschen ein, die in eine Richtung durch die Masse strömten. Was sich davon mit Verärgerung und Unverständnis in mein Gedächtnis gebrannt hat, ist, dass manche Helden mit den Schultern und Ellenbogen voraus durch die Menge liefen und sich jubelnd feierten. Daniel meinte in einer beiläufigen Bemerkung, dass es ihm so vorkomme, als sei dieses Gedränge und Geschubse der eigentliche Nationalsport vieler Inder.
Nach dreieinhalb Stunden feinstem Dasara war ich so fertig, wie nach einem ganzen Tag am Strand.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen